„Uuuaaah, warst Du das?“ oder Mit Schoni im Grusellabyrinth

Montag, 10.November 2008

VON ZWEIEN, DIE AUSZOGEN, DAS FÜRCHTEN ZU LERNEN

Halloween. Ein eingeschlepptes Fest für alle, die mal ihre gruselige Seite zeigen wollen und sich teilweise nicht darüber bewusst sind, dass sie das jeden Tag tun. Zufällig war Halloween 2008 der Abend, an dem Schonzeit und Sicht-Feld nichts besseres zu tun hatten, als sich miteinander zu treffen.

Mehr oder weniger pünktlich um 19.42 Uhr tauchte ich also bei meinem Bruderherz auf, und wir grübelten, was wir denn nun so anfangen sollten. Die Wahl war recht schnell getroffen, denn Schoni erzählte mir begeistert von einem Grusellabyrinth, das er am Abend zuvor mit Schoni 2 und einigen Freunden besucht hatte. Und da ich an den seltenen Abenden, an denen jemand sich um meine Kleine kümmert, gerne etwas ganz Besonderes unternehme, setzten wir uns also ins Auto und düsten los zur Villa Fernsicht in kleinen Ort Schwentinental bei Kiel, über die Schoni ebenfalls bereits einen Bericht geschrieben hat.

Okay, ich gebe zu, es war vielleicht ein Fehler, dort genau an Halloween hinzufahren und das dann auch noch so spontan zu tun, dass man keine Zeit mehr hat sich sexy lange Thermounterwäsche dicke Wollsocken anzuziehen, denn wir mussten dort ordentlich anstehen, und das bei frostigen Temperaturen und ohne etwas zu Essen im Magen. Aber es hat sich gelohnt.

Gegen 21.45 Uhr durften wir dann hinein ins Hotel du Chat Noir. Ein blasser und recht eintöniger Hotelpage begleitete uns hinein, nicht ohne uns vorher in das Geheimnis des Hotels eingeweiht zu haben: Das Phantom des Chat Noir, das sich Jahr für Jahr ein Opfer holt – in diesem Jahr sollte es das 81. Opfer sein. Jemand aus unserer Gruppe? Mit 18 anderen Hotelgästen betraten wir also die Räume des Hotels und wurden von dem einzigen noch lebenden Hotelangestellten, der die Geschehnisse von 1927 noch miterlebt hatte, in Empfang genommen. Und nun begann ein wirklich höchst beklemmender, gruseliger und spannender Trip kreuz und quer durch das Hotel, in dem die Geister der 80 Opfer sowie das Phantom höchstpersönlich ihr Unwesen trieben.

Allzu genau will ich hier nicht auf Details eingehen, um denjenigen nicht die Vorfreude zu vermasseln, die vielleicht ebenfalls noch im Chat Noir einchecken werden (Schaps? Zimtapfel?) – aber ich kann mich Schonzeit nur anschließen: Allein die Kulisse wurde mit viel Einfallsreichtum und Liebe zum Detail ausgestaltet, ganz zu schweigen von den Kostümen und dem Make Up. Der Besucher fand sich direkt in einem herrlichen alten Gruselfilm wieder, und die Laienschauspieler übertrafen sich gegenseitig darin, die Hotelgäste zu erschrecken und durch die Geschichte zu führen. Denn ja, man war nicht nur passiver Zuschauer, sondern mittendrin in der Geschichte. So wurde man auf der Flucht vor dem Phantom immer wieder durch die Kellergewölbe und Geheimgänge des Hotels geschleust, in denen es tatsächlich stockdunkel war. Man sah nicht einmal mehr die Hand vor Augen, tastete unsicher nach dem Vordermann und kam sich völlig verloren vor, wenn man ins Leere tastete. Immer wieder kam es auch vor, dass man unverhofft in irgendetwas Weiches, Undefinierbares hineintastete – und dann erleichtert aufatmete, wenn es nur die Dauerwelle einer anderen Besucherin waren. Und immer wieder erschien unter furchteinflößendem Gelächter ein Geistergesicht direkt neben einem, oder man spürte eine kalte Hand auf den Haaren, oder es tropfte einem irgendwas ins Gesicht…

Für Leute, die sich gerne mal gruseln, ist die Villa Fernsicht absolut zu empfehlen. Ich persönlich stehe ja eigentlich eher weniger auf Gruselfilme oder gar Horror, aber dieses Erlebnis war etwas komplett anderes. Gruseln zum Mitmachen, Mitfühlen, Mitriechen – eine gut durchdachte Gruselgeschichte, in der man mittendrin war. Aber ich muss denen, die den Aufenthalt im Chat Noir noch vor sich haben, dringend zwei Tipps mit auf den Weg geben: Geht dort nicht alleine hin! Tut das bloß nicht! Sucht Euch jemanden, bei dem Ihr Euch notfalls festklammern könnt (Danke, Schoni, und sorry für die blauen Flecken!). Und vermeidet es, mit bereits in der Warteschlange hysterisch gackernden Teenagerinnen in eine Gruppe zu kommen – es schadet der Gruselatmosphäre ungemein, wenn der tragische blonde Geist der Tochter des Hotelbesitzers (Opfer Nr. 1) mit dem freudigen Ausruf „Britney!“ begrüßt wird…